Post von den Philippinen

Bruder Béla Lányi  ist ein langäjhriger Partner des Stockerauer Arbeitskreises Weltkirche. Bruder Béla arbeitet auf der Insel Cebu der Philippinen. Er hat auch - seine Arbeit wird aus ihren Spenden seit vielen Jahren finanziell unterstützt - für seine Arbeit wieder um 1000.- € für das neue Jahr 2021 ersucht und es wurde ihm auch wieder zugesagt. Bruder Lanyi schickt auch jedes Jahr einen Bericht über die Verwendung des Geldes und auch einen Jahresbericht, den wir Ihnen hier präsentieren. Besonders interessant, wie es im der weltweiten Pandemie am anderen Ende der Welt geht.

Bruder Béla ist gebürtiger Ungar und hat uns den Brief in seinem sehr guten Deutsch geschrieben. Wir haben nichts ausgebessert...

BRIEF VON DEN PHILIPPINEN (November 2020)

   Dieser Brief kommt zu einer Zeit, in der die Situation in Österreich sehr schwierig ist. Das Virus
befindet sich wieder im aufsteigenden Zweig. Ich habe das Gefühl, daß meine Freunde und Bekannten in Stockerau wissen möchten, wie die Situation hier ist. Ja, ich habe lange nicht mehr geschrieben. Ich habe auch darauf gewartet, dass die epidemische Situation hier auf den Philippinen und auch in Europa nachlässt. Vor einigen Monaten freute ich mich über die Nachricht vom Niedergang der Epidemie in Europa, als die Zahl der Opfer der Epidemie hier auf den Philipinen noch stark anstieg. Inzwischen hat sich die Situation jedoch radikal geändert. Hier in Cebu auf den Philippinen gibt es kaum Krankheiten, aber Europa befindet sich in einem tragischen Zustand. Es geht nicht nur um die Krankheiten, sondern auch um die Unruhen, die fast jedes Land in Europa überschwemmen, auch die Vereinigten Staaten. Aber auch wir können hier in Cebu nicht still sitzen. Eine zweite Welle hängt auch hier in der Luft. Deshalb möchte ich zunächst über die Atmosphäre hier schreiben. 

   Auf den Philippinen wurde von den Behörden eine der strengsten und längsten Ausgangssperren der Welt verhängt. Wir haben seit März eine Ausgangssperre, die nie aufgehoben, höchstens gelockert wurde. Unter der Ausgangssperre konnten Personen unter 21 Jahren und über 60 Jahren NICHT ausgehen, es sei denn sie alleine lebten oder keine andere Möglichkeit hatten, einkaufen zu gehen. Jede Familie erhielt nur eine Quarantänekarte, die nur an bestimmten Tagen verwendet werden konnte. Karten mit ungeraden Nummern können dienstags, donnerstags und samstags verwendet werden, das heißt an geraden Wochentagen. Die ungeraden Zahlen sind jedoch nur an den ungeraden Wochentagen gültig. Die Ausgangssperre war also, nicht wie in den meisten europäischen Ländern, auf die Nacht beschränkt. Jetzt sagen die Behörden, dass der Virus infolgedessen unterdrückt werden konnte. Diese Maßnahme belastete die Wirtschaft jedoch fast unerträglich. Die Anspruchlosigkeit der Bevölkerung, ein  zu einem negativen Konzept gewordenes Wort in Westeuropa, hat sich hier als rettende Kraft erwiesen. Nur wer nüchtern ist, kann standhaft und beharrlich überleben. Diese Leute stellen keinen unnötigen Anforderungen, sie fokusieren auf das wirklich Notwendige. Auf diese Weise überleben sie die Schwierigkeiten. Man kann diese Menschen in Cebu nur bewundern, weil sie überlebten, auch wenn sie stark unter der Epidemie gelitten haben. Da es hier einen "wilden Kapitalismus" gibt, bei dem die meisten Arbeiter nur bezahlt werden, wenn sie wirklich den Tag mit Arbeit verbracht haben. Aber wie kann man arbeiten in Zeiten der Ausgangssperre? Bewohner armer Stadtteile und Bergbauer entkamen dem Tod und der Krankheit mit sinnvollem Sparen und familiärem Zusammenhalt. Vor allem in den ersten Monaten der Epidemie kam auch westliche Hilfe. Auch unsere SVD Mitbrüder spielten eine wichtige Rolle bei der Verteilung der Hilfsgüter. Da die Krise zunehmend Europa und Nordamerika betrifft, heutzutage gibt es leider immer weniger externe Hilfe und wir sind auf uns selbst angewiesen. 

    Viele Privatschulen haben geschlossen oder den Schulbetrieb vorübergehend suspendiert. Die Zahl der Studierenden in unseren SVD Einrichtungen ist ebenfalls zurückgegangen, jedoch nicht extrem. Wir unterrichten über das Internet, das heißt „online“, wie hier gesagt wird. Das staatliche Kinderheim, wo ich mithelfe, wurde durch die Epidemie und die Ausgangssperre in eine Notlage gebracht. In der Schule, die die Kinder besuchen, wurde der Schulbetrieb Mitte März plötzlich eingestellt, als es nur noch zwei Wochen bis zum Ende des Schuljahres fehlten. Lange erwartete frohe Veranstaltungen zum Abschluss des Schuljahres wurden verpasst. Das übliche einwöchige Camp für Heimkinder von Cebu im April wurde ebenfalls verpasst. Es war den Burschen nich gestattet, das Haus zu verlassen. Der Lieblingssport der Kinder, Basketball, wurde von der Stadtverwaltung verboten, da das Berühren des Balls das Virus verbreiten kann. Schlechte Nachrichten kamen aus der vorherigen Umgebung der Kinder. Ins Heim wurden sie damals gerade aus der Straße gebracht. Und die Epidemie erreichte gerade zunächst jene Menschen, die in den Slums oder auf den Straßen lebten. Auf Google Map kann jeder von uns die Slums von Cebu beobachten, in denen die Blechshütten so aneindergebaut wurden, daß sie nur über 1-Meter-Gassen erreichbar sind. In diesen Slums war die Lage die schwerwiegendste. Vorher besuchte ich das Kinderheim jeden Sonntag und oft sogar an Wochentagen. Nachdem die Ausgangssperre angeordnet worden war, konnte ich das Gebiet unseres Ordenshauses jedoch überhaupt nicht verlassen. Aufgrund der technischen Mängel des Kinderheimes war auch keine andere online Kommunikation möglich. 

  Der Schulbeginn der Heimkinder wäre im Juni geplant, nach der auf den Philippinen üblichen Sommerpause, die von Ende März bis Mitte Juni gedauert hätte. Jedoch verschob die Regierung den Beginn des Schuljahres zunächst auf August und dann auf Oktober. Es ist ein Fernunterricht mit arbeitsmappenartigen "Modulen", die für die Kinder wöchentlich gedruckt und in der Schule verteilt werden. Sie werden nur durch ein Minimum von Lehrerberatung über Facebook ergänzt werden können. Da in den öffentlichen Schulen von Cebu 50-60 Kinder eine Klasse besuchen, so trotz aller Bemühungen der Lehrer nicht jedes Kind erreicht werden kann. Das Kinderheim bat um meine Hilfe beim Aufbau der Online-Bildung. Sofar es Spenden zur Vefügung gab, ich habe geholfen. Dies eröffnete auch die Möglichkeit, sie über das Internet wieder zu unterhalten. Das heißt, wir haben jetzt wieder eine wöchentliche Glaubensstunde, die eine Psychologie-Sitzung mit dank der Freundlichkeit von Pater Gilbert, einem Psychologen, ergänzt. Am ersten Samstag in November organisierten wir einen Einkehrtag für die Kinder. Ausnahmsweise in dieser Quarantänzeiten durften einmal wir beide, Pater Gilbert und ich, persönlich zu den Kindern gehen. Es gab auch Beichte und Heilige  Messe. Wir haben schmackhaftes Essen mitgebracht, das die Eltern eines Steyler Missionsbruders zubereiteten. Ich habe mit den Kindern über die Folgen der Epidemie gesprochen. Wie haben sie alles miterlebt? Dann haben wir in der Bibel verheißungsvolle Geschichten gefunden, die bezeugen, daß unser Vertrauen auf Gott uns auf viele Herausforderungen der Zukunft vorbereiten kann. 

 Wie Ihr dem Brief entnehmen könnt, ist die Situation auch hier sehr schwierig, insbesondere im Kinderheim. Wir möchten wieder  1,000 (ein tausend) Euros für das nächstes Jahr, 2021 beantragen. Ich weiß, daß es jetzt sehr schwierig in Österrech ist. Doch empfinden wir es heute sehr klar, daß die ganze Welt in einem Boot segelt. Lasst uns in Liebe und Gebet zusammenhalten. 

Es würde mich auch sehr interessieren, wie die Situation in Stockerau ist jetzt. Ich versuche es über Facebook herauszufinden, aber ich würde mich auch sehr über persönliche Auskunft freuen. 

Liebe Grüße

Bruder Béla Lányi SVD
Cebu City, Philippinen

(Der Orden SVD - lateinisch Societas Verbi Divini, deutsch Gesellschaft vom göttlichen Wort - hat seinen Sitz in Mödling im Kloster St. Gabriel und ist der männliche Zweig unserer Schwestern von St. Koloman)


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