Du, Herr, willst mir die Füße waschen? Nein, wirklich nicht!


 

Das sagt im Evangelium vom Gründonnerstag der Apostel Petrus zu Jesus. Wir lernten in der Predigt unseres Pfarrers Andreas Kaiser, dass es ganz und gar ungewöhnlich war, dass Jesus mitten unter dem im Judentum ganz genauen und strengen Ritus des Pascha-Mahles plötzlich sein Obergewand auszieht und seinen Freunden die Füße wäscht. Das gab es bestenfalls am Beginn dieser Feier und wenn, dann machte das ein subalterner Diener, nicht der Meister, der Rabbi, der Chef, der Boss!

Das war eine ganz große Geste von Jesus, die wahrscheinlich alle Apostel nicht einordnen konnten, der aufbrausende, spontane Petrus schon gar nicht und er war auch konsequent und lehnte das Füße-Waschen gleich ab. Spontan - wie er war - ließ er sich aber auch von Jesus umstimmen und dann hätte er am liebsten eine Ganzkörper-Waschung gehabt. Wenn im Büro die oberste Chefin plötzlich mit Wasser, Seife und Handtuch kommt, sich vor ihnen niederkniet und bittet, ihnen die Füße waschen zu dürfen - was wäre ihre Reaktion? 

Wir hören aber in dieser Gründonnerstag-Messe auch die Einsetzung des Altarsakramentes im Lesungs-Text des Apostel Paulus und die nicht ganz kindergerechte Geschichte von der "Einsetzung" des Pascha-Mahles aus dem alten Testament. 

Bis zu Schubert's  Ehre sei Gott in der Höhe, das mit dem Dröhnen der Kirchenglocken und der Altarglocken von der Orgel begleitet wird, bevor sich die Glocken nach diesem Gewaltakt auf eine etwas hektische Kurzreise nach Rom begeben, singt unsere Schola zur Orgel schöne Gesänge. Dann ist Schluss mit Orgel, es düstert sich die Stimmung ein und unser Pfarrer wäscht die (wahrscheinlich meist schon zu Hause gewaschenen) Füße einiger Erwachsener und einiger Ministrantinnen und Ministranten, die Messe wird musikalisch a-capella begleitet und zur Kommunionfeier gibt es neben kleinen Broten auch den verwandelten Wein zum Andenken an die Einsetzung dieses Sakramentes zu trinken. 

Die Heilige Messe vom Gründonnerstag endet ziemlich abrupt, die Ministranten und andere Helfer eilen zum Altar und entfernen allen Schmuck. Brot und Wein wird in einer Prozession durch die ganze Kirche zum Marienaltar getragen, der in den Kartagen vom Ölberg zum Heiligen Grab mutiert. 

Ein Teil der Kirchenbesucherinnen und-besucher bleiben noch bei der Ölbergandacht in der Kirche, bei der unser Fr. Leonhard interessante Gedanken formuliert, ein Taize-Lied immer wieder wiederholt wird  und viele Fürbitten zum Himmel steigen. 

Nach der Geschichte vom Gründonnerstag geht es weiter mit der Karfreitagsliturgie. Eine wahre Leidensgeschichte, das alles lesen zu müssen. Aber zuerst das Evangelium vom Gründonnerstag:

Aus dem Heiligen Evangelium nach Johannes - Joh 13,1-15.

Es war vor dem Paschafest. Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, um aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen. Da er die Seinen liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis zur Vollendung. Es fand ein Mahl statt und der Teufel hatte Judas, dem Sohn des Simon Iskariot, schon ins Herz gegeben, ihn auszuliefern.

Jesus, der wusste, dass ihm der Vater alles in die Hand gegeben hatte und dass er von Gott gekommen war und zu Gott zurückkehrte, stand vom Mahl auf, legte sein Gewand ab und umgürtete sich mit einem Leinentuch. Dann goss er Wasser in eine Schüssel und begann, den Jüngern die Füße zu waschen und mit dem Leinentuch abzutrocknen, mit dem er umgürtet war.

Als er zu Simon Petrus kam, sagte dieser zu ihm: Du, Herr, willst mir die Füße waschen? Jesus sagte zu ihm: Was ich tue, verstehst du jetzt noch nicht; doch später wirst du es begreifen. Petrus entgegnete ihm: Niemals sollst du mir die Füße waschen! Jesus erwiderte ihm: Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir. Da sagte Simon Petrus zu ihm: Herr, dann nicht nur meine Füße, sondern auch die Hände und das Haupt. Jesus sagte zu ihm: Wer vom Bad kommt, ist ganz rein und braucht sich nur noch die Füße zu waschen. Auch ihr seid rein, aber nicht alle. Er wusste nämlich, wer ihn ausliefern würde; darum sagte er: Ihr seid nicht alle rein.

Als er ihnen die Füße gewaschen, sein Gewand wieder angelegt und Platz genommen hatte, sagte er zu ihnen: Begreift ihr, was ich an euch getan habe? Ihr sagt zu mir Meister und Herr und ihr nennt mich mit Recht so; denn ich bin es. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.

Aber er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen.

So heißt es beim Karfreitagsgottesdienst mitten in der Lesung aus den Prophezeiungen des Propheten Jesaia. Vielleicht finden Sie diesen weiter unten stehenden Text der Lesung am Beginn der Karfreitag-Liturgie auch faszinierend, den Jesaia um ca. 700 vor Christi Geburt verfasst hat. Er hat doch einiges erahnt, was 700 Jahre später die Welt verändert hat und noch immer die Welt verändert.

Aber die Karfreitagsliturgie in der "kahlen Kirche" beginnt mit dem stillen Einzug von fast unzählbar vielen Ministrantinnen und Ministranten und Frater Leonhard,  Diakon Johann Wolf und Pfarrer Andreas Kaiser, beide in Blutrot gewandet.. Ganz im Stillen legt sich unser Pfarrer vor dem Altar auf den Boden ("Prostratio" genannt - "Hingeworfen") und alle anderen knieen nieder und denken über die Geschehnisse des heutigen Tages vor über 2000 Jahren nach.

Erst dann hören wir die Lesungen (die Lesung aus dem Alten Testament gibt es weiter unten zum Nachlesen) und das Karfreitagsevangelium, die Leidensgeschiche Jesu - heute, wie sie der Evangelist Johannes aufgeschrieben hat.  In der anschließenden Predigt setzt Pfarrer Andreas Kaiser die Gedanken der gestrigen Predigt fort und versucht gegen Ende an Hand von  drei Szenen aus der Leidensgeschichte zu zeigen (Apostel Petrus, der "Verleugner", der später Stellvertreter Jesu auf Erden wird; Statthalter Pilatus, dem eigentlich heimlich Jesus gefällt, der aber zu feig ist, dazu zu stehen; und Jesu Mutter Maria und der Apostel Johannes, die Getreuen  unter dem Kreuz), dass diese Geschichte kein trauriger Endpunkt ist, sondern ein Schritt in einer Entwicklung zum Guten und Neuen...

Als letzten Teil verehren die Gottesdienstbesucherinnen und -besucher das vor dem Altar aufgestellte Kreuz und legen ihre Blumen vor ihm nieder, die aber keine Grabblumen sind, sondern morgen bei der Auferstehungsfeier in wunderschönen Gestecken sozusagen über die Auferstehung  "frohlocken".

Dann endet die Feier des Karfreitags auch eher abrupt. Aber unter dem Marienaltar kann man bereits das "Heilige Grab" besuchen und dort nachdenken, was man heute gehört hat.

Morgen, Karsamstag,  ist der stillste Tag, Viele beten beim Hl. Grab und manche nützen auch die Gelegenheit, im Beichtstuhl ihre Sünden loszuwerden - am Karsamstag in Stockerau von 09:00 bis 11:00 und von 14:00 bis 16:00. 

Um 18 Uhr ist Osternacht für Familien mit kleineren Kindern und ab 20:30 ist Osternacht für die Großen mit dem auch großen abschließenden Osterfeuer am Rennerplatz.

Aus dem Alten Testament, dem Buch Jesaja 52,13-15.53,1-12.

Siehe, mein Knecht wird Erfolg haben, er wird sich erheben und erhaben und sehr hoch sein. Wie sich viele über dich entsetzt haben – so entstellt sah er aus, nicht mehr wie ein Mensch, seine Gestalt war nicht mehr die eines Menschen –, so wird er viele Nationen entsühnen, Könige schließen vor ihm ihren Mund. Denn was man ihnen noch nie erzählt hat, das sehen sie nun; was sie niemals hörten, das erfahren sie jetzt.

Wer hat geglaubt, was wir gehört haben? Der Arm des HERRN – wem wurde er offenbar? Vor seinen Augen wuchs er auf wie ein junger Spross, wie ein Wurzeltrieb aus trockenem Boden. Er hatte keine schöne und edle Gestalt, sodass wir ihn anschauen mochten. Er sah nicht so aus, dass wir Gefallen fanden an ihm. Er wurde verachtet und von den Menschen gemieden, ein Mann voller Schmerzen, mit Krankheit vertraut. Wie einer, vor dem man das Gesicht verhüllt, war er verachtet; wir schätzten ihn nicht.

Aber er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, von ihm getroffen und gebeugt. Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Vergehen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Züchtigung auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt. Wir hatten uns alle verirrt wie Schafe, jeder ging für sich seinen Weg. Doch der HERR ließ auf ihn treffen die Schuld von uns allen.

Er wurde bedrängt und misshandelt, aber er tat seinen Mund nicht auf. Wie ein Lamm, das man zum Schlachten führt, und wie ein Schaf vor seinen Scherern verstummt, so tat auch er seinen Mund nicht auf. Durch Haft und Gericht wurde er dahingerafft, doch wen kümmerte sein Geschick? Er wurde vom Land der Lebenden abgeschnitten und wegen der Vergehen meines Volkes zu Tode getroffen.

Bei den Frevlern gab man ihm sein Grab und bei den Reichen seine Ruhestätte, obwohl er kein Unrecht getan hat und kein trügerisches Wort in seinem Mund war. Doch der HERR hat Gefallen an dem von Krankheit Zermalmten. Wenn du, Gott, sein Leben als Schuldopfer einsetzt, wird er Nachkommen sehen und lange leben. Was dem HERRN gefällt, wird durch seine Hand gelingen.

Nachdem er vieles ertrug, erblickt er das Licht. Er sättigt sich an Erkenntnis. Mein Knecht, der gerechte, macht die Vielen gerecht; er lädt ihre Schuld auf sich. Deshalb gebe ich ihm Anteil unter den Großen und mit Mächtigen teilt er die Beute, weil er sein Leben dem Tod preisgab und sich unter die Abtrünnigen rechnen ließ. Er hob die Sünden der Vielen auf und trat für die Abtrünnigen ein.